Mittwoch, 19. September 2012

"Klick mich" von Julia Schramm als kostenloser Download

Photo dank Bastian Haas
Das beste Beispiel dafür, daß die Piratenpartei falsch verstanden wird, weil diese selbst irreführend kommuniziert, sind die Reaktionen auf die Veröffentlichung des Buchs "Klick mich" von Julia Schramm.

Die Öffentlichkeit scheint in großen Teilen der Meinung zu sein, eine Piratin müsse das Buch kostenfrei zur Verfügung stellen. Alles andere sei nicht "piratig".

Obwohl der Verlag ohne Klagen, Abmahnungen und Aufstand Kopien des Buches ganz unbürokratisch einfach aus dem Netz entfernen liess - tönt laute Empörung durch die virtuellen Hallen. Piraten würden Raubkopien zum Nachteil der Autoren fordern und fördern - und sollten sich, vor allem bei eigenen Publikationen, auch daran halten.

Die wenigsten scheinen begriffen zu haben, dass die Piratenpartei auf der Seite der Künstler steht und die Gesetzeslage nur an das Internet und seine Möglichkeiten anpassen möchte. Leider wird im aktuellen Fall die Chance verspielt, genau das richtig zu stellen.

Ganz besonders bei den Aktionen gegen das "Leistungsschutzrecht der Presseverlage" geht es nicht um die Künstler, sondern die skurilen Forderungen der Presseverlage gegenüber den Suchmaschinen wie google.

Offensichtlich wurde das Buch ursprünglich im Wiki der Piratenpartei selbst hochgeladen, wie auf http://klickmichdownload.tumblr.com/ zu lesen ist.
 
Das "Witzige" daran ist, dass genau das Geforderte ja geschehen ist:
Das Buch steht im Internet zum kostenlosen illegalen Downloaden zur Verfügung - ob nun beabsichtig oder unbeabsichtigt ... und bislang blieb der Upload und das Kopieren / Downloaden straffrei. Ich gehe davon aus, dass dies auch so bleibt. Dem genauen Beobachter ist also nicht entgangen, dass die Forderungen der Piratenpartei nahezu exakt umgesetzt wurden.


Von daher kann man sämtlichen Kritikern vor allem Unwissen / fehlende Bereitschaft sich wirklich zu informieren (oder gar zu hinterfragen), Neid und teilweise auch einen Hang zu verletzender Kommunikation nahe legen.

Über das Buch zu urteilen steht mir persönlich nicht zu, denn es ist kein Sachbuch zu einem Thema, das ich inhaltlich kritisieren könnte - sondern eine Aneinanderreihung von Textschnippseln verschiedener virtueller Identitäten, vergleichbar Auszügen aus einem Tagebuch. Über Pop-Kultur zu urteilen ist reine Geschmacksache, worüber man vortrefflich streiten kann. Auch habe ich das Buch nicht gelsesen (was Andere nicht von einer "professionellen" inhaltlichen Meinung abhält;-), schliesse das aber auch nicht aus. Ich gehe davon aus, dass es vielen Menschen so gehen wird und der ganze Wirbel letztlich eher als Verkaufsförderung wirkt. 

Von daher ist diese professionell wirkende "Kampagne", ob nun gewollt oder ungewollt, das Beste was passieren konnte - vor allem, wenn auch die Partei versteht etwas daraus zu machen. 

Die einzige Frage, die mir auf dem Herzen liegt ist, ob wir diese Chance "inhaltlich" nutzen, um auf die Schutzrechte der Kreativen bzw. auch das durchgeknallte Leistungsschutzrecht der Presseverlage einzugehen... 
 

Eigentlich ist diese Situation eine absolute Chance:

http://klickmichdownload.tumblr.com/

Um die Situation wirklich zu nutzen, müsste man sich geschlossen hinter Julia Schramm stellen und zeigen, dass es der Piratenpartei in Wirklichkeit um die Schutzrechte der Autoren und aller Kreativen geht. 

Man könnte die Situation klasse nutzen und wirkliche Aufklärung betreiben - anstelle den anscheinenden Gegnern Bälle zuzuspielen.

Zum Glück wird auf Forderungen, wie Julia Schramm aus der Partei auszuschliessen, nicht eingegangen.

Ob es gut ist, den Sturm unkommentiert an sich vorüber ziehen zu lassen?

Aber viel schlimmer noch: 
Das wirkliche Ziel, gegen die Verlagshäuser vorzugehen, die sich mit dem neuen Leistungsschutzrecht für Presseverlage am Ende gar lächerlich machen werden, geht völlig unter.

Z.B. die Online-Petition ist ... "klick mich" ... nur einen Klick entfernt - aber das klickt man nur, wenn man sich (als Kreativschaffender) sicher ist, kein Standbein abzuhacken. 

So ist es wirklich kein Wunder, dass die notwendigen 50.000 Unterschriften noch nicht zusammen sind, obwohl es das Thema allemal verdient hat.







Mehr von diesen Hassnachrichten, die eher ein schlechtes Bild auf die Netzkultur werfen, als denn auf Julia Schramm, finden sich hier: http://hassnachrichten.tumblr.com/

Wie so häufig hat sich kaum jemand mit Julias eigener Position wirklich auseinander gesetzt. Daher an dieser Stelle abschliessend ein Podcast (zum Zeitpunkt der Buchabgabe) sowie ein Youtube Videointerview mit Julia Schramm zum Thema.

Edit: Das Video wurde seltsamer Weise auf "privat" gestellt und ist leider kein zweites Mal im Netz zu finden. Vielleicht hat ja jemand das "Phoenix Interview" mit Julia Schramm zum BPT anderweitig? Sonst zunächst als Ersatz.                                                                                             lol


Also: Klick mich -oder: "Klick mich" - ...

5 Kommentare:

  1. "This video is private".

    OK.

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  2. Und so ein Artikel wird auf Twitter hochgelobt ?
    Da sieht man mal, wie verblendet die Schramm-Befürworter sind; wie sehr sie
    die Welt verdrehen und umdichten, bis die Schramm unschuldig erscheint.

    Unser Parteiprogramm spricht sich u.a. gleichwertig für 2 Dinge aus:
    - Legalisierung nicht-kommerziellen Filesharings
    - FÖRDERUNG jener freien Kulturgüterverbreitung

    Wenn ein geistiges Werk aus dem Netz konfisziert wird und die Verursacher
    eine Verwarnung erhalten, inwiefern ist damit durch dieses Handeln
    Filesharing als legal gehandhabt ? Oder gar die freie Kulturgüterverbreitung
    gefördert ?

    Was für Drogen muss man nehmen, um den Widerspruch zwischen dieser
    Handlung und unserem Parteiprogramm nicht wahrzunehmen ?

    Durch äußere Zwänge wäre der nicht zu leugnende Widerspruch zwischen
    Schramm's Handeln und unserem Parteiprogrammm durchaus zu rechtfertigen...
    hätte die Schramm in einem Interview das Handeln des Verlags nicht verteidigt
    und für gut befunden !

    Das ist Schachmatt, was gibt's da zu Reden ?
    Mittlerweile weiß ich nicht, was lächerlicher ist:
    Die Schramm-Chose, oder aber die Realitätsverkennung ihrer Unterstützer,
    die nahtlos Anschluss an die Sternstunden des partreiverdruss fördernden
    Politiker-Sprechs findet.
    "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten."
    "I did not have sex with this woman."
    "Die Grünen sind nachwievor gegen den JMStV, aber deren Fraktion hat sich
    aufgrund parlamentarischer Zwänge anders entschieden."
    "Julia Schramm's Handlung und ihre Äußerungen stehen dem Parteiprogramm der
    Piratenpartei insgesamt nicht entgegen."

    Alles das Gleiche ! Wollten wir PIRATEN da ankommen ? Ich nicht...
    Ist das die tolle neue Ehrlichkeit, die durch die PIRATEN Einzug in die Politik halten sollte ? Wie befreiend wäre es doch gewesen, hätte man gestern einen frustrierten Ponader vor der Kamera gesehen, der wie das Kind im Märchen "des König's neue Kleider" einfach nur die unverblümte Wahrheit ausspricht. Dass Julia Schramm mit ihrer Gesamtpositionierung in Handlung und Wort gegen die originärste und kernigste Überzeugung der Piratenpartei verstoßen hat und der Frust und die Wut über dies sehr groß ist und auch - berechtigt ! Was hat ein Anti-Pirat im BuVo der PIRATENpartei verloren !? - die Rücktrittsrufe nun laut werden...
    nein, aber stattdessen... Wendehals, Wendehals, Wendehals. Es ist ein unerträgliches Trauerspiel für Idealisten, oder überhaupt Menschen, die auf Ehrlichkeit und Authentizität zählen...

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    1. Danke für die kritische Antwort.

      "inwiefern ist damit durch dieses Handeln Filesharing als legal gehandhabt ?"
      Ich würde das mit der geringen Menge bei Cannabis vergleichen und auf die aktuelle Rechtslage verweisen. by the way, es geht um die Privatkopie, den Konsumenten - und nicht das geschäftsmässige in Verkehr bringen von Kopien, oder?

      Was spricht denn eigentlich GEGEN eine Publikation "for Profit" von Seiten der Piraten?

      Ich sehe keinen Wiederspruch zwischen dem Programm der Piraten und der Publikation eines Buches, und sei dies auch bei einem Major zu einem hoch dotierten Preis. Darf kein Pirat ganz normal ein Buch herausgeben?

      Welche Aussagen hat Julia denn getroffen? Haben Sie sich die Mühe gemacht das genau zu recherchieren, oder plappern Sie einfach nach? Darf man in Ihrem Weltbild auch die eigene Meinung ändern? Ich empfehle: http://mashpussy.tumblr.com/post/31883204030/saving-julia-schramm

      Bitte erklären Sie mir nochmal, was an der Publikation eines Buches den Kernaussagen der Piraten wiederspricht? ... und warum es problematisch sein soll, wenn es a) die Kopie sehr wohl noch im Netz gibt - aber b) der Verlag nicht juristisch gegen die Privatkopie vorgeht, sondern seine Interessen wahrt und löscht?

      Soll jeder zurücktreten, der ein Buch veröffentlicht? Sollen wir jetzt konsequenter Weise alle Schwarz fahren, weil wir einen "Fahrscheinlosen Öffentlichen Nahverkehr fordern?

      Leider vermisse ich in Ihrem Text wirkliche Argumente, die einen Rücktritt, Verurtelungen wie "Anti-Pirat" oder sonstiges Shitstorm-Vokabular und Verhalten rechtfertigen würden.

      Ganz ehrlich? Schädigend für die Partei finde ich entzweiende statt einigende und sachliche Kommunikation.

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  3. "es geht um die Privatkopie, den Konsumenten - und nicht das geschäftsmässige in Verkehr bringen von Kopien, oder?"

    Das ist nicht ganz exakt formuliert, es geht um eine Ausweitung der Privatkopie aber es geht natürlich auch darum, dass kommerzielle Anbieter, wie Dropbox nicht einfach mit den Werken anderer Geld verdienen.

    "Was spricht denn eigentlich GEGEN eine Publikation "for Profit" von Seiten der Piraten?"

    Dass es viele andere Modelle gegeben hätte als sehr öffentlichkeitswirksamer Pirat ein profitables Buch auf den Markt zu bringen. Siehe dazu auch die Diskussion auf Marinas Blog.

    "Sollen wir jetzt konsequenter Weise alle Schwarz fahren, weil wir einen "Fahrscheinlosen Öffentlichen Nahverkehr fordern?"

    Kein guter Vergleich. Schwarzfahren ist zur Zeit verboten, unter einer freien Lizenz zu publizieren hingegen nicht. Schwarzfahren bedeutet auch gar nichts zu zahlen, der fahrscheinfreie ÖPNV soll aber (zumindest in Berlin) durch Pauschalabgaben pro Kopf bezahlt werden.

    "Ganz ehrlich? Schädigend für die Partei finde ich entzweiende statt einigende und sachliche Kommunikation."

    Deshalb sollten wir auch kein white washing betreiben. Ich mag Julia als Person, aber hier hat sie Fehler gemacht und leider eine sehr große Chance für die Partei versemmelt. Und wenn wir das versuchen zu vertuschen, machen wir uns (zu Recht) unglaubwürdig. Auch Marina steht jetzt (zu Recht) in der Kritik, weil sie mit ihrer Popularität und ihren sehr breiten Symphatien eigtl. so gute Karten gehabt hätte mit neuen Geschäftsmodellen, die keinerlei Takedowns erfordern. Wenn aber unsere vorderen Leute, die von uns hochgelobten Geschäftsmodelle mit der Kneifzange anfassen, dann ist der Ärger vorprogrammiert. Marina hätte vermutlich nur mal einen einzigen Tweet gebraucht, um zu fragen, wie sie ein Buch profitabel und piratenfreundlich publizieren kann. Sie hätte vermutlich die schönste Projektseite bei kickstarter oder startnext gezaubert bekommen, die der deutsche Buchmarkt jemals gesehen hat.

    Viele Grüße
    René

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  4. Ausweitung der Privatkopie, ja - aber nicht über kommerzielle Anbieter wie Dropbox. das hat mit filesharing nichts zu tun.

    es gibt viele andere Wege der Auswertung - aber niemand ist (nach Programm der Piraten) dazu gezwungen. also warum die Aufregung?

    Warum ist schwarzfahren ein schlechter vergleich? weil es nach aktueller rechtslage illegal ist? illegale Buchkopien sind das auch!

    der fehler von Julia wird mir immernoch nicht klar. besser geht immer, aber fehler?

    meine ganz klare frage: darf ein Pirat ein buch auch wirtschaftlich in verkehr bringen? darf ein Pirat bei der GEMA sein? usw.

    funktionieren unsere hochgelobten geschäftsmodelle denn so gut davon leben zu können? schonmal ausprobiert? ich habe unsere hochgelobten geschäftsmodelle zigfach ausprobiert und verstehe jeden, der anzweifelt davon leben zu können. DAS ist imho ein problem der piraten, wenn diese die üblichen geschäftsmodelle gegenüber den eigenen vorschlägen verteufeln...

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