Sonntag, 30. September 2012

Humor in der Öffentlichkeitsarbeit

khv24  / pixelio.de
Grundsätzlich könnte man denken, Öffentlichkeits- und vor allem Pressearbeit habe nichts mit Humor am Hut. 

Und tatsächlich ist es so, wenn man als Journalist gezwungen ist, die ganzen trockenen Pressemeldungen zu lesen - wenn diese überhaupt gelesen werden!

Am meisten Spaß macht da noch die Verteilung der Pressemeldungen, die mit Produktproben, Sektempfängen und Schnittchen verziert sind - aber dann ist auch Schluss mit Lustig. 

Die wenigsten Journalisten können noch über das schreiben, was sie wirklich interessiert - und das Meiste ist weitgehend vorgefertigt von Agenturen. Hinzu kommt, dass der Alltag von Nachrichten-Journalisten gefüllt ist mit Mord und Totschlag.

Das Maximum, was einen Journalisten da noch erreichen kann, sind entweder gut geschriebene Pressemeldungen - oder eben dermassen grottenschlechte Meldungen, dass man sich wenigstens mit Kollegen amüsieren kann.


Man könnte meinen Humor habe in der Öffentlichkeitsarbeit nichts zu suchen ...

Ähnlich lehnte die Aufklärung den Humor ab, aber nicht aus religiösen Gründen,
sondern weil sie glaubte, dass er ein Verstoß gegen Logik und stringente Argumentation
wäre.
Später wurde Humor als Waffe entdeckt und eingesetzt. In der Reformation und
Gegenreformation gab man mit ihm den Gegner der Lächerlichkeit preis. Da man sich
aber selber fürchtete, Opfer des Lachens zu werden, mäßigte man sich. In der
französischen Nationalversammlung war Lachen sogar verboten,
aber wurde allmählich
als ein Mittel der politischen Auseinandersetzung akzeptiert. Im deutschen Vormärz
bediente man sich des Humors als ein wichtiges Mittel im Kampf gegen Aristokratie und
Absolutismus. Die Zahl der Karikaturen, Witzblätter und gedruckten Satiren schnellte
daher in die Höhe – trotz der Zensur der Karlsbader Beschlüsse von 1819 (vgl. Stöber,
2000, S. 134). Heute haben sich Politik und Volkskultur auch unter dem Einfluss der
Massenmedien angenähert.

Diese geschichtlichen Streifzüge zeigen, wie wirkungsmächtig Witz und Humor sind, wie sie Machtverhältnisse zum Ausdruck bringen und wie sie als Waffe in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eingesetzt werden. Nachfolgend werden wir näher auf die drei Phänomene Humor, Witz und Lachen eingehen und deren Bedeutung für die Kommunikation herausstellen...


"Witz und Humor in der Kommunikation" von Vazrik Bazil und Manfred Piwinger aus der Loseblattsammlung "Kommunikationsmanagement" (Artikel-Nr.5/61). Den Artikel hier als PDF herunterladen
 

Natürlich ist Humor in der (äusseren) Kommunikation ein zweischneidiges Schwert - und ist man sich im Einzelfall nicht sicher, lässt man dies besser. Andererseits - und das ganz menschlich - jemand, der keinen Humor beweist, trotz Verfehlungen völlig auf Selbstironie verzichtet, ist schlicht unsympathisch. Mit anderen Worten:


"Alle vorgenannten Methoden, um einer Person mit Humor eine neue Sichtweise auf ein Problem oder eine Situation zu eröffnen, haben eins gemein: Es ist enorm wichtig, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann sie genutzt oder nicht genutzt werden können. Zudem sollte man selbst ausgeglichen und relaxt sein. Sonst bekommen humorvoll gemeinte Aussagen schnell einen sarkastisch und somit verletzenden Unterton."

(Mit Humor heikle Situationen meistern - von Sabine Prohaska)


 
Selbstironie ist in der Lage zu zeigen, dass man sich durchaus selbst reflektieren und auch kritisch betrachten kann - ohne dadurch zum Miesepeter zu werden. Die Fähigkeit Fehler einzugestehen fehlt den meisten Unternehmungen völlig und sorgt für mehr als nur Distanz zur Zielgruppe. Dies mit Humor zu würzen, der keine Betroffenen verletzt, ist eine Kunst, die in der Lage ist, Stimmungen umzudrehen.

„Sie haben da was…“, „Das Bild hängt schief. “
Loriot, der große deutsche Humorist, hält uns den Spiegel vor. Wir lachen, weil wir sehen, wohin wir mit unserer bürgerlichen Spießigkeit und Überkorrektheit kommen. Wir landen unentwegt in Fettnäpfchen, je mehr wir die Situation angeblich im Griff haben: Wir tragen Nudeln im Gesicht bei der Liebeserklärung, verheddern uns in der Auslegeware oder der Sitzgruppe, verrennen uns in der Sprache und sind am Ende tief im Fett versunken. Wir schauen uns das mit Vergnügen an, weil wir uns damit immer wieder vor Augen führen, dass niemand perfekt ist. (PR-Report 08/2007 zum Thema "Humor" - aus "Ein Mittel gegen Sozialneid, Konkurrenzdenken und die „PR-Magersucht" - von Vera Bacchi)




CC BY 2.0 Nicole Britz
Ein - aus meiner Sicht - wunderschönes Beispiel für Humor in der Öffentlichkeitsarbeit (sogar in Verbindung mit politischem kreativem Aktionismus) ist die Schreibmaschine im Landtag von Schleswig-Holstein. Diese hat es sogar in die internationale Presse und NBC gebracht und transportiert regelrecht Inhalte und Positionierung. Die bisherige Politik sieht hiermit gegenüber den Piraten wirklich alt aus - und genau das ist etwas, das diese moderne Piratenpartei ausmacht und die Altgedienten ablösen wird.

Humor kann in allen Lebensbereichen helfen, denn "Humor hilft heilen" - und Wunden sowie Probleme haben wir allemal genug, besonders in der Politik und Öffentlichkeitsarbeit.

Überrascht bin ich allerdings von der Kirche, denn im Internet finden sich gleich mehrere Beiträge von kirchlicher Seite zu "Humor in der Öffentlichkeitsarbeit" - sogar eine ganze Jahrestagung. Naja, die Kirche hat es auch bitter nötig Humor zu predigen ;-)

Die heutige PR ist etwas verstaubt, wurde von "Social Media" aufgewirbelt - bleibt aber festgefahren in den Zwängen, die unseren ganzen "Freien Journalismus" abgenutzt und ausgehölt haben. Es ist Zeit für frischen Wind in der Öffentlichkeitsarbeit - vor allem, wenn man den Anspruch hat, mit der Öffentlichkeit zu Reden - den Bürger gar einbinden zu wollen.




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