Samstag, 22. September 2012

Liebe Piratinnen, Piraten und alles dazwischen,

Eben auf der Brandenburg-Mailingliste gelesen, passt auch auf uns (von Daniel Domscheit-Berg):
 

  mit blutendem Herzen verfolge ich das Gehacke und Getrete, das Geschimpfe, Zurueckgeschimpfe und Zurueckzurueckgeschimpfe. Und alle Kommentare die dann von jedermann und seinem Hund noch folgen.

Ich sage das nicht um hier irgendwen anzuklagen, schlechtzumachen oder irgendwem sein Recht auf freie Meinungsaeusserung abzusprechen. Ich sage das weil es mich sorgt und weil ich keine Lust habe ein bereits erlebtes Kapitel in meinem Leben nochmal in orange zu erleben.


Es gab mal eine Zeit da war ich in einem Projekt involviert von dem die Welt der Meinung war das es ebensolche revolutionieren wird. Mit uns war mehr wie vorher, das Projekt war Teil eines gefuehlten Erwachens unserer Gesellschaft -- des Erwachens von Vernunft, von Veraenderung, von Gleichheit und von Gerechtigkeit.


Das Projekt war einer der Vorboten eines anstehenden Paradigmenwechsels, und mit jedem Tag der verging glaubten mehr Menschen daran, hatten mehr Menschen die Hoffnung das sich endlich wirklich was veraendern koennte -- und zwar endlich mal zum positiven.


Das Projekt kostete alle Beteiligten alles was sie hatten. Energie, Zeit, Herzblut, Geld. Wir investierten was wir hatten im Glauben daran auf dem richtigen Weg zu sein.


Es gab genaugenommen eine ganz simple Regel die aus heutiger Sicht betrachtet viel wichtiger war als es uns allen damals bewusst war: An erster Stelle stand immer das Ziel, danach kam das Projekt, und an dritter und letzter Stelle kamen die Teilnehmer des Projekts und ihre Befindlichkeiten. Das funktionierte wunderbar weil wir mit unseren Zielen und dem Projekt so beschaeftigt waren das keine Zeit war fuer Platz 3. Und es funktionierte genau so lange, bis das nicht mehr der Fall war.


Irgendwann fingen wir an uns um uns selbst zu drehen. Wir fingen an uns gegenseitig fertigzumachen, uns zu streiten, uns zu drohen. Das Resultat waren Angst und Paranoia, Misstrauen und Grabenkaempfe, virtueller Streit und virtuelle Diskussionen ueber virtuelles nichts und wieder nichts.


Vor allem aber resultierte es in der kompletten Unfaehigkeit unsere Ziele und unser Projekt weiter voranzubringen.


Das naechste Resultat war der Verlust der Glaubwuerdigkeit in der Oeffentlichkeit und der Hoffnung der Menschen. Damit wurde diese Teil-Revolution, noch bevor sie richtig in die Gaenge kam, begraben.


Ich bin bis heute davon ueberzeugt das ein Grossteil dieser Probleme durch die Kommunikation ueber Chat, Mails und Co verursacht wurden. Es ist so einfach ausfallend zu werden, so einfach andere zu blockieren, so einfach andere zu demotivieren. Haetten wir uns Angesicht zu Angesicht gegenueber gesessen -- es waere nie soweit gekommen.


Im Endeffekt sind so eine grosse Idee und viel Potential auf der Strecke geblieben -- mehr oder weniger von einem Monat auf den anderen. Und alle fragen sich heute wie das nur passieren konnte.


Alles was ich zu diesem Projekt gesagt habe kann 1:1 auf die Piratenpartei abgebildet werden.


Auch wir sind Hoffnungstraeger. Hoffnungstraeger einer neuen Politik die Menschen aus ihrer Parteien- und Politikverdrossenheit herausfuehren kann. Hoffnungstraeger fuer ein Ende von Intransparenz und Korruption. Hoffnungstraeger fuer ein Ende der Zurueckgebliebenheit von Politik und ihrer unsaeglichen Ignoranz fuer die Zukunft.


Und so sind auch wir Vorboten eines Paradigmenwechsels. Die Alternativen wuerden keinem von uns gefallen -- und den meisten anderen auch nicht.


Daraus resultierend haben wir eine Verantwortung. Eine Verantwortung nicht nur fuer den Umgang mit uns untereinander, sondern auch fuer die Menschen die von dem Funktionieren des politischen Systems abhaengen und auch in Zukunft abhaengen werden.


Wir haben die Verantwortung unsere politische Arbeit zu tun, so gut wir das koennen und mit all unserer Energie, und die Verantwortung das Potential unserer Sache nicht an die Wand zu fahren nur weil wir zu kindisch, trollig oder egozentrisch sind. Oder weil wir gerade zuviel Langeweile haben.


Wir haben die Verantwortung erwachsen zu sein, und als kompetente und knallharte Veraenderer den Bundestag und die Landtage dieses Landes aufzumischen


Wenn wir das nicht schaffen wird keiner da sein der unsere Luecke ausfuellt. Vergesst das nie, und erinnert euch daran wenn ihr das naechste mal auf Send oder Reply klicken wollt. Fragt euch lieber was ihr produktives tun koennt. Es gibt so viel zu tun, keiner muss sich langweilen. Lasst es uns gemeinsam angehen.


Und bevor jetzt irgendeiner antwortet: bitte nicht. Verwendet die Zeit fuer was produktiveres als Smalltalk mit mir oder der Liste.


daniel
http://pir.at/leak

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