Dienstag, 23. Oktober 2012

Transparenz; Gegenargumente und Fallbacks

Bevor ich mich an die Fallbacks mache, also die Argumente aushebel oder einen Umgang definiere, sammel ich zunächst die Argumente gegen Transparenz - und werde diese dann bündeln / sortieren. Ich freue mich über Input z.B. über die Kommentarfunktion!


  • Dr. Volker Klenk: „Transparenz kann man nicht von heute auf morgen verordnen“
  • "Der Jurist Lawrence Lessig warnt in seiner Streitschrift "Against Transparency" (2009) vor einer naiven Heilserwartung an Open Data und Open Governance, die indirekte Folgen einer "nackten Transparenz" nicht berücksichtige. Auswertungen von Parteispenden könnten zwar deutlich machen, ob hinter den Ja-Stimmen zu bestimmten Entscheidungen mehr Geld stecke als hinter Nein-Stimmen. Doch diese Art von Transparenz könnte in der Öffentlichkeit die Meinung untermauern, dass parlamentarische Entscheidungen grundsätzlich käuflich seien. Unterschiedliche Gründe würden jedoch die Entscheidungen eines Abgeordneten beeinflussen. In einer Debatte, in der das Geld eine Rolle spiele, sei es allerdings schwer, glaubhaft weitere Gründe zu vermitteln. Gegenwärtige Debatten seien durch kurze Aufmerksamkeitsspannen des Publikums geprägt, was differenzierte Diskussionen erschwere. Eine Konsequenz der radikalen Transparenz von Parteispenden könnte daher darin bestehen, dass das parlamentarische System in eine Glaubwürdigkeitskrise gerate, die nur durch radikale Umstrukturierung der Parteienfinanzierung zu überwinden sei. Unerwartete Konsequenzen bzw. umwälzende Entwicklungen seien aber auch in anderen Bereichen zu erwarten, in denen neue Veröffentlichungsformate und Auswertungstechniken neue Darstellungen und Erkenntnisse ermöglichen."  (bpb)
  • Schließlich schwingt bei manchen Projekten zu offenen Daten und Transparenz die Vision von der gesellschaftlichen Steuerbarkeit mit, die nicht unumstritten ist: Wüssten Behörden, wüssten Bürger über alles Bescheid, was für sie wichtig ist, könnten sie unerwünschten Entwicklungen effizienter begegnen. Zu den Optimisten dieser Art von Datennutzung zählt der ehemalige BKA-Chef Horst Herold, der als "Vater der Rasterfahndung" bekannt wurde. Herold dachte daran, die Kriminalitätsdaten mit Daten der Stadt- und Raumsoziologie zu verknüpfen. Auf diese Weise könnte die Polizei mit Ordnungsämtern, Jugendämtern, dem Roten Kreuz, der Ausländerbehörde, Schulen oder Gesundheitsämtern zusammenarbeiten. Mit weiteren Daten zur Flächennutzung, Arbeitsplatzdichte, Wohndichte, Dichte an kulturellen Angeboten oder Parkdichte könnte man noch stärker steuernd eingreifen. Diese Vorstellung Herolds kritisierte Hans Magnus Enzensberger zu den Hochzeiten der RAF-Fahndung als Vorstellung von einem "sozialdemokratischen Sonnenstaat", "eine Insel Felsenburg für Sozialautomaten" sei "gelenkt und gesteuert von den allwissenden und aufgeklärten Hohenpriestern des Orakels von Wiesbaden." (zit. nach Dietl 2000: 113) bpb
  • Es gibt Gesprächspartner, die nicht wollen, dass Inhalte (sofort oder umfassend) transparent werden. Müssen Abgeordnete der Piraten solche Gespräche grundsätzlich verweigern? Piraten/Politiker können somit kein vertrauliches Gespräch anbieten bzw. nicht zu vertraulichen Gesprächen hinzugezogen werden.

  • Open-Budget-Projekte berücksichtigen bislang nicht, wie es um die Qualität der Daten bestellt ist. Dass Budgets sehr unterschiedliche Transparenzqualität aufweisen können, zeigt der Open Budget Index der zivilgesellschaftlichen International Budget Partnership (IBP), der in einen seit 2006 zweijährlich erstellten Open Budget Survey einfließt, der auf einer Länderumfrage basiert. Als so genannte "schwarze Löcher" bezeichnen die IBP-Mitarbeiter Harika Masud und Jason Lakin Vorgänge, die ein vollständiges Abbild des Haushalts verhindern. Dazu zählen sie Budgets, die nicht der parlamentarischen Kontrolle unterzogen werden, Steuererleichterungen sowie Rückstände in der Schuldenzurückzahlung (Masud, Lakin 2011: 71-72). In Deutschland ist beispielsweise der Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin keiner parlamentarischen Kontrolle unterworfen. Es gibt damit systemimmanente Grenzen der Transparenz, die durch eine Abbildung von Zahlen nicht überwunden werden können.

  • Hohe Transparenz bzw. Öffentlichkeit verändert die Menschen / Politiker und ist einer der zentralen Punkte, die zu Politikersprech / Neusprech geführt haben. Hohe Transparenz führt daher nicht unbedingt zu klareren Worten.

  • Nach Julian Assange können Patronagenetzwerke, er nennt sie auch Verschwörungen, nur funktionieren, wenn die Mitglieder dieser Patronagenetzwerke vertraulich miteinander kommunizieren können. (ebd, S. 123f.)
    Sobald aber diese kommunikativen Interaktionen transparent werden, ist eine „Verschwörung“ nicht mehr möglich. Assange sagt: „Je geheimniskrämerischer
    und ungerechter eine Organisation ist, desto mehr lösen Lecks bei ihrer Führung und ihren Planungszirkeln Angst und Paranoia aus.“ (

    Hofmann, Niklas 2010: Der Gegenverschwörer, in: Süddeutsche Zeitung vom 3.12.2010, S. 13.) Reflektion zu Transparenz und Politik - Christian Humborg

  • Witzig finde ich die Gegenargumente zu Transparenz in Wikipedia, die allesamt einfach ausgehebelt werden können (fast schon mit den eigenen Worten):






2be continued ...

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