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Mittwoch, 9. Oktober 2019

Wo ist eine Übersicht der Lösungen und Alternativen zu politischen Problemen?


... im vogonischen Internet? youtu.be/rJLWARvi7vQ

Sonntag, 17. Juni 2012

Politik der Angst

In anderen Artikeln bin ich auf die Wurzeln der Gewalt nach Adorno, Fromm und Gruen eingegangen. Ob nun linke, rechte oder sonstige Gewalt - stets geht es um Zustände, wo der bewusste oder unbewusste Täter nicht ganz bei sich ist und ÜBERreagiert oder UNTERordnet.

ANGST spielt hierbei eine zentrale Rolle.  ANGST ist - neben der nützlichen Funktion vor der "heissen Herdplatte" zu warnen - stets ein Gefühl VOR einer realen Verletzung, einem realen Schmerz - unabhängig davon, ob geistig oder körperlich. Während in unserer Welt sehr wohl ein Unterschied zwischen körperlichen Verletzungen und rein geistig, verbalen Attacken gemacht wird, ist dies der ANGST egal. ANGST benötigt nicht einmal eine reale Bedrohung, denn eine Einbildung genügt - für den Ängstlichen ist diese REALITÄT. So könnte man die ANGST als ideales Werkzeug oder Mittel betrachten, um rein kommunikativ eine körperliche Kontrolle auszuüben, ohne nachweisbar körperlich zu verletzen.

Was ist ANGST?



Es gibt Vereinfachungen der psychologischen Abfolgen, die es z.B. Psychotherapeuten erleichtern, den status quo eines Patienten einzustufen - um sich dann langsam zum Kern der Problematik (der ursprünglichen Verletzung, dem Schmerz) vorzuwagen. Vereinfachungen sind natürlich immer mit Vorsicht zu geniessen. Man möge dabei auch bedenken, dass unsere "Psychologie" von drei Strömungen dominiert ist, sog. "Schulen", die sich grundsätzlich wiedersprechen!

Bereits ab der Geburt begleitet uns das Bedürfnis der Zugehörigkeit und Verbundenheit - ursprünglich mit der Mutter, Familie, Freunde, der ganzen Welt - und last but not least mit sich selbst.

ANGST bezieht sich immer auf einen Schmerz, eine Verletzung - eine trennende Erfahrung zu sich und seinem Leben oder seinen Lieben. Diese Reise beginnt in der Regel bereits mit dem ersten Todeskampf: der Geburt, gefolgt von der Abnabelung, die sich geistig weit über die Pubertät hinausziehen kann.

So lange wir in der Lage sind, wieder zu uns selbst zurück zu kehren, in Verbindung mit der Mutter (oder dem Archetypus des Weiblichen) bzw. dem Vater (dem Archetypus des Männlichen) - sprich der Welt der Menschen und unserem Umfeld zu gelangen, liegt keine nennenswerte Störung vor.
Gelingt uns dies teilweise nicht mehr, mit uns selbst in Kontakt zu kommen, sich selbst und andere Menschen wirklich wahrzunehmen, dann beginnt eine Reise der Isolation und des Authismus.

Doch bevor wir uns aufgrund von Schmerz und Angst von uns und der Welt abkapseln, kommen zunächst eine Reihe weiterer Faktoren in das Spiel.
Als erstes entsteht WUT über die ANGST und den zugrunde liegenden SCHMERZ. An sich und neutral betrachtet ist auch dieser ZORN unproblematisch und als ein Antrieb sogar gesund.

Die nächste Stufe ist die KONTROLLE.
Wird WUT KONTROLLIERT, sprich UNTERDRÜCKT, dann entsteht DEPRESSION / MANIE z.B. in Form von Über- und Unterordnung. Wird diese ebenso NICHT z.B. künstlerisch verarbeitet, legt sich ein Schleier der SCHAM, VERDRÄNGUNG und SCHULDGEFÜHLE darüber.

Diese kapseln erst endgültig ab und ermöglichen das sogenannte STRATEGISCHE EGO, das letztlich Gefühle, Liebe und Nähe zu verhindern versucht, um nie wieder diesem ursprünglichen SCHMERZ ausgesetzt zu werden. Somit ist der Teufelskreis der Vermeidungsstrukturen und der Selbst- & Fremdsabotage komplett.

Werzeuge politischer Angst:
  • Aktive Verletzungen, Beleidigungen und Diffamierungen - selbst subtiler Art - sind der Urgrund für Ängste und sollten daher innerhalb politischer Arbeit gelöst und nicht toleriert werden. Da genau hier die Reise der Angst beginnt, ist besonders darauf zu achten, dass auch subtile und versteckte Verletzungen keinen Nährboden finden und heilsam ausgeräumt werden. ALLE (!) weiteren Faktoren entstehen erst aus diesen Verletzungen und daher ist besonders diesen Anfängen zu wehren.
    • "Von einem Wort oder Satz auf den Menschen schliessen"Häufig genügt ein sog. "Reizwort" oder "Schlüsselwort" und man wird abgestempelt und in eine Ecke gestellt. Besonders, wenn sich derjenige wehrt derart abgestempelt zu werden, sollte man genauer hinhören. Da jeder unter Worten und Formulierungen etwas anderes versteht, sollte die Gelegenheit bestehen, genauer zu erklären, was die Beteiligten unter einer Formulierung verstehen. Gemeinsam sollte versucht werden bessere Formulierungen zu finden bzw. Vorbehalte und Vorurteile auszuräumen. Beinhaltet das Gesagte oder Geschriebene tatsächlich auch eine gemeinte Verletzung, ist natürlich direkt hier anzusetzen und klarzustellen, dass aktive Verletzungen nicht toleriert werden. Die Suche nach dem ursprünglichen Schmerz des Verletzenden (!) kann dabei helfen diese auszuräumen.
    • Verallgemeinerungen, vor allem verletzender Natur, sind nicht zu vermeiden und nicht zu tolerieren. Auch hier kann hilfreich sein nach der ursprünglichen Verletzung zu suchen, die zu einem Urteil geführt haben. Gemeinsam ist nach besseren Formulierungen und Möglichkeiten zu suchen, den Horizont zu erweitern - Erfahrungen machen zu können, die der Verallgemeinerung wiedersprechen.
    • Killer-Phrasen & Schwarze Rhetorik
    • Linke und Rechte "Keulen" (siehe auch "Verallgemeinerungen"): Diese "Keulen" funktionieren vor allem deshalb besonders gut, da -> Ausschluss droht. Das übermässige Verwenden dieser Keulen deutet auf eine Kultur hin, die über ihre Maßen Ausschluss praktiziert und dabei sehr wahrscheinlich auch Unschuldige oder Unbeteiligte ausschliesst bzw. auszuschliessen droht. Es scheint eine Kultur entstanden zu sein, in der sich Individuen bereits vom Ausschluss bedroht fühlen müssen, wenn gewisse Indizien wie z.B Signalworte genügen und wirkliche Beweise weniger zur Sprache kommen. Ist es tatsächlich so, dann ist die Kommunikationskultur bereits deutlich gestört, denn eine sachliche Diskussion scheint kaum mehr möglich zu sein.

  • Ausschluss: Besonders heutzutage baut eine der größten Ängste auf der Zugehörigkeit und Verbundenheit (ursprünglich zur Mutter) auf. Der Ausschluss aus einer Partei oder gar der Gesellschaft setzt genau hier an. Die Folgen sind häufig, dass sich die Ausgeschlossenen formieren und untereinander eine Zugehörigkeit, geradezu Einigkeit aufbauen, die nicht selten auf dem gemeinsamen Schmerz des Ausschlusses aufbaut. Ausschluss sollte am Ende wirklicher Versuche zur kommunikativen Lösung stehen und klare Äusserungen zu den Regeln beinhalten: Unter welchen Bedingungen ist eine Rückkehr (z.B. in die Gesellschaft) möglich. Ausschluss sollte immer begleitet werden von wirklichen Lösungen der eigentlichen Problematik, mit der man sich im jeweiligen Fall offensichtlich nicht mehr auseinandersetzen kann oder will. Nach Aussen (und vor allem Innen) sollte deutlicher - als der Ausschluss - kommuniziert werden, unter welchen Bedingungen man Teil der jeweiligen Gemeinschaft ist und bleibt. Denn das Problem von praktiziertem Ausschluss ist eine subtile Angst der Verbliebenen, selbst unter gewissen Bedingungen ausgeschlossen werden zu können. Häufig steht die Position, die ausgeschlossen werden soll, für einen wichtigen Faktor (oder ein sehr wohl vorhandenes gesellschaftliches Meinungsbild), für die schlicht noch keine andere wirkliche Lösung vorhanden ist. Insofern zeichnet Ausschluss häufig die Hilflosigkeit der jeweiligen Gruppe gegenüber einer Person oder Problematik nach. Genau hier sollte angesetzt werden, um das eigentliche Problem, dem man sich entledigen will, auch tatsächlich zu lösen. 
  • WUT in Form von kreativem Zorn sollte sein Ventil finden dürfen. Eine Kultur, die ohne (subtile) Gewalt miteinander auskommen will, muss sich erlauben Kämpfe auszufechten. Gewaltfrei bedeutet nicht, sich mit Samthandschuhen anfassen zu müssen, sondern beinhaltet den wechselseitigen Respekt immer wieder auf die Augenhöhe zu gelangen, sollte man diese verlassen. Daher hat sich bewährt, OPERATIVE Meetings von EMOTIONALEN  zu trennen. Zunächst sollten die jeweils Beteiligten versuchen einen Konflikt untereinander kommunikativ zu klären. Erreicht ein Konflikt den OPERATIVEN Kreis und stört die insgesamte Arbeit, dann organisiert der OPERATIVE einen EMOTIONALEN Kreis mit Moderation und Mediation. Erst KONTROLLIERTE und UNTERDRÜCKTE WUT ergiesst sich in gewaltiger ÜBER- und UNTER-ORDNUNG (Depression / Manie). Ein Großteil hiervon läuft regelrecht unsichtbar im Inneren von Menschen ab. Sichtbar sind meist nur Regungen, die sich Überordnen, über Menschen hinweggehen und diese auszuschliessen versuchen. Hierauf sollte genauso sensibel reagiert werden, wie auf Menschen, die so etwas häufig/er über sich ergehen lassen!
KEINE TOLERANZ FÜR INTOLERANZ:
Was bedeutet "KEINE TOLERANZ" für einen toleranten Menschen oder eine tolerante Gesellschaft? Ausschluss muss (!) ihr allerletztes Mittel sein, denn Ausschluss ist ein Eingeständnis der Hilflosigkeit. Dies sollte klar sein und an sich auch klar kommuniziert werden.Ausschluss kann als Mittel der Notwehr betrachtet werden, da alle anderen Möglichkeiten, die offen kommuniziert und transparent gemacht werden sollten, ausgeschöpft sein dürften. Die Regeln der Gruppe oder Gesellschaft sollten verdeutlicht werden, dass dem Ausgeschlossenen selbst klar sein dürfte, dort erst wieder Platz zu haben, wenn auch diese Regeln zu eigen gemacht wurden. Die Beweislast sollte klar und eindeutig sein, denn ein Ausschluss ohne wirklichen beweisbaren Grund öffnet der Willkür Tür und Tor und eine Kultur der Angst macht sich unter den Mitgliedern der eigenen Gruppe breit. Dies wirkt zwar zunächst subtil, ist jedoch schnell deutlich spürbar und schwer bis unmöglich rückgängig zu machen. Es ist genau diese Willkür, die totalitäre Systeme ermöglicht.


Kultur der Angst



Prof. Dr. Gerald Hüther zeigt in seinen Beiträgen nicht nur, warum unser Schul- & Lernsystem nicht durch Angst und Druck funktionieren kann - sondern auch, wie diese durch Begeisterung und spielerische Leichtigkeit revolutioniert werden können. 

Politik selbst ist da noch einen Zacken schärfer, wenn wir - neben dem Umgangston - bedenken, um welch große und existentielle Probleme es eigentlich geht. Wir sind in einer Gesellschaft, die Probleme eher weniger löst, sondern verwaltet und klar verdrängt. Der Problemberg ist dabei in den letzten Jahrzehnten nicht abgetragen worden, sondern bis in das schier Unermessliche angewachsen. Ganze Generationen wachsen mit einem Gefühl auf, dass eine Lösung unserer Probleme - dank der Fülle - praktisch unmöglich sei ... und man sich lieber gleich den Verdrängungsmechanismen hingeben könnte. 

Das zentrale Steuerelement (neben der exakten Definition des eigentlichen Schmerzes) ist auch hier die Angst. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb Politik ein Weg aus der Angst und eine heilsame Kommunikationsform sein sollte.

Politik sollte insgesamt ein Gefühl ausstrahlen können, dass unsere Probleme sehr wohl lösbar sind. Es ist de facto ja so, dass wir für jedes Problem bereits nicht DIE Lösungs haben - sondern meist unzählige Alternativen.

Medien, Bildung und vor allem Wissenschaft sollte exakt hier ansetzen und einen Überblick der zahllosen vorhandenen Lösungen und Alternativen bieten.



Obigen Video-Beitrag finde ich etwas einseitig, denn ich kenne auch eine ganze Reihe an Fällen, wo die Medikamentationen funktioniert und geholfen haben. Dennoch finde ich den Beitrag in seiner polarisierenden Art recht hifreich, um der üblichen Vorgehensweise bei Krankheiten, psychischen Problemen und ganz natürlichen Lebenstiefpunkten einen deutlichen Kontrast gegenüber zu stellen. Möge jeder für sich selbst entscheiden, wie er oder sie mit den eigenen Wehwehchen und ernsthaften Verletzungen heilsam umgeht. Der Griff zu Psychopharmaka sollte nicht leichtfertig und ohne ärztliche Begleitung des Vertrauens stattfinden!

Photo by: Benjamin Thorn / pixelio.de